Der Nase nach
Barbara Hulsbergen von der Nüesch Weine AG hat die Nase für ganz, ganz vieles. Und sie hat den Magic. Etwas versteckt, aber nicht minder wichtig.
Barbara Hulsbergen von der Nüesch Weine AG hat die Nase für ganz, ganz vieles. Und sie hat den Magic. Etwas versteckt, aber nicht minder wichtig.
Sie lacht. Sagt: «Ich weiss gar nicht mehr, von welcher Firma der Lift war, hoffentlich nicht von eurer.» Barbara Hulsbergen spricht vom Aufzug am alten Standort. Oben war das, an der Hauptstrasse von Balgach SG, eingebaut vor Jahrzehnten, sehr vielen Jahrzehnten gar. Schliesslich gibt es Nüesch Weine schon seit 1834. Um dieses hehre Alter einzuordnen: Nur gerade ein Jahr vorher, 1833, war hier der letzte Rest Feudalismus verschwunden: der Loskauf von den Zehntenlasten. 14 Jahre später folgte die Gründung der modernen Schweiz. Lange, lange ist es also her. 2001 kauften die Hulsbergens die Nüesch Weine AG. Der «alte Herr Nüesch» hatte den Betrieb 1986 an Passugger verkauft, im Zuge der Nachfolgeregelung. Seine Töchter, eine davon Physiotherapeutin, hatten nichts mit Wein am Hut. Passugger verkaufte an Feldschlösschen – und dann, knapp vor der Übernahme durch Carlsberg, schnappten sich die Hulsbergens die Nüesch Weine AG.
Australien, Toskana, Balgach
Aus zwei Gründen: Aus einer Art übermütigem Versehen hatte Barbara Hulsbergens Schwiegervater ein Weingut in Australien erworben. Es gehörte einfach zu dem Anwesen, das er sich dort gekauft hatte. Und: Zur Nüesch Weine AG gehört ein Weingut in der Toskana, die Villa Trasqua. Idyllisch gelegen. Weit entfernt von Autobahnen oder gar von befestigten Strassen. Diese 120 Hektar mitten im Chianti Classico haben Perspektiven eröffnet für eigene Weinkreationen. Und für Wein hat Barbara Hulsbergen ein Näschen. Sie hatte sogar eine Weinschule für Privatpersonen sowie Sommeliers und Sommelières gegründet. Ausserdem wirkte sie dabei mit, dass die Ausbildung zur Sommelière, zum Sommelier den Status der höheren Berufsbildung mit Berufsprüfung und eidgenössischem Fachausweis erhielt. Am alten Standort gab es gewisse Mühseligkeiten. Barbara Hulsbergen: «Mag der Lift noch? Das fragte man sich jeden Tag. Wie viel kann ich heute laden? Und dann setzte er sich in Bewegung, langsam.» Überhaupt, das alte Lager: Es war riesig, abends waren da oft 30 000 Schritte auf dem Zähler. Anfang 2024 bezog Nüesch Weine den neuen Standort. Barbara Hulsbergens Blick von ihrem Chefinbüro geht geradeaus ins Foyer und über die rechte Schulter in die Spedition. Jetzt ist Tom Zünd da, der Kopf dieses Gebäudes, auch die Hand: Als Bauleiter der Schönauer AG hat er sich um den Bau gekümmert. Von der Schönauer AG kommen Konzept – und die Umsetzung: «Ein Idealfall», sagt er.
«Mag der Lift noch? Das fragte man sich jeden Tag.»
Ciao Warenlift, hoi Wunderbalken
Die Spedition schliesst sich nahtlos ans Lager an: «Hier ist unser Zentrum», sagt Barbara Hulsbergen. «Logistisch perfekt.» Viel kleiner als an der Hauptstrasse, dafür hat es drei- statt einstöckige Regale. Ein Mitarbeiter holt eine Palette Wein per Hubwagen,
bringt sie zur Spedition, knappe 15 Meter entfernt. Ebenerdig, keine Keller, keine Gewölbe. Warenlift? Braucht es nicht. Holzbau-Freundinnen und -Freunden bietet Tom Zünd ein Schmankerl: Die Halle – riesige 59 mal 36 Meter – kommt ohne Stützen aus. «Die stünden ja nur im Weg.» Damit es auf diese Länge ohne Stützen geht, braucht es richtig starke Träger. Und die wollte man, klar, aus Holz. «Die konnten wir nicht selber produzieren», sagt er. «So gross sind sie.»
Ein Fass, ein Gebäude
Etwas gar trist ist es hier im Balgacher Industriegebiet an diesem regnerischen Junitag. Doch da leuchtet der Neubau durch das Grau: Das Holz der Fassade ist hell, die unbehandelten Holzelemente sind schmuck – all das, es strahlt förmlich. Zu sagen gibt es so einiges: Das Runde des Baus imitiert das Runde des Weinfasses. Die eigens gefertigten Rundregaltürme präsentieren Weine: eigene aus der Toskana und andere, die das Sortiment ergänzen, aus aller Welt. Dazu weitere Verlockungen: Oliven, gegrillte und marinierte Artischocken,auch Pasta. Buongiorno, Toskana. Die Beleuchtung erfolgt über ebenfalls kreisrunde Leuchtträger. Über die Wände aus glatt geschmirgeltem Holz. Draussen hingegen ist das Holz sägeroh, gänzlich unbehandelt. Es zieht sich als Balken die Glasfassade hoch – eine Reminiszenz an die Fassdauben. Der Boden ist nach Terrazzo- Art gemacht. Heiz- und Kühlelemente hängen an der Decke. Man habe jemanden suchen müssen. «Jemanden, der daran glaubt, dass man Holzbalken über eine solche Länge machen kann, ohne Stützen.» Und so kamen die Balken, pünktlich und am Stück: 150 cm hoch, 26 cm breit und sagenhafte 28,5 Meter lang, 5,5 Tonnen schwer, und davon 5 Stück – per Spezialtransport aus dem Vorarlberg.
«Oben ist der Event-Raum. Da muss ab und zu schweres Material hin. Auch kommen Personen, die lieber den Lift nehmen als die lange Treppe, wir haben hohe Räume. Und AS bedeutet Qualität und prima Zusammenarbeit.»
Sangiovese, Weinsensorik
Barbara Hulsbergen ist oft und gerne in der Toskana, auf ihrem Weingut. Indiskrete Frage: Das Flair für Italianità und der niederländische Nachname – wie kommt’s? Sie sei Schweizerin, so Barbara Hulsbergen. «Und ich habe eine italienische Mutter und
einen niederländischen Mann.» Und sie hat eine Gabe, eine feine Nase. Schon als Kind wies sie auf Gerüche hin, die die anderen erst später wahrnahmen. Auch ihre Ausbildung hatte mit der Nase zu tun: Weinsensorik in Wädenswil ZH. Es folgte das Studium Internationales Weinmarketing, unter anderem an der Hochschule Geisenheim University in Deutschland und an der Weinakademie Österreich im österreichischen Rust. Was sie da gelernt hat, setzt sie um. Der Beweis: ihr Erfolg, dieses Gebäude. Die Weine bereiten ihr Freude, die Toskana – sowie die Jagd und ihre Jagdhundezucht. Auch darüber gäbe es viel zu berichten.
Magic, dann doch
Der Lift also: Es ist ein Magic. Etwas versteckt neben der Treppe, die ins Obergeschoss führt. Man geht vorne rein, fährt hoch und geht rückseitig raus. Hier ist der Event-Raum, mit riesiger Terrasse. Man kann ihn mieten. Der Andrang ist schon gross. Warum der Magic? «Die Qualität von AS», sagt Tom Zünd, «wir machen immer sehr gute Erfahrungen, auch der Preis stimmt. Dazu die Möglichkeit, die Innenseite zu gestalten.» Und die ist jetzt grossflächig bedruckt. Mit einem Foto von, klar, der Villa Trasqua.
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