Bei Planzer in Pratteln – die vertikale Autobahn
Jeder der sechs Warenlifte im Planzer-Logistikzentrum in Pratteln macht 700 bis 900 Bewegungen pro Tag. Nun ist der Ersatz der vielbeanspruchten Anlagen angelaufen, die neuen Lifte sind auf die spezifischen Anforderungen massgeschneidert und in der Werkhalle mit einem 1:1-Kabinenmodell ausgetestet worden.
Mitten in der Nacht um ca. 02.30 Uhr trifft der Güterzug mit seinen 36 Cargo-Wagen in Pratteln BL ein. Während sich der Rest der Schweiz noch im Tiefschlaf befindet, läuft der Betrieb im Erdgeschoss des Logistikzentrums ‹Planzer 1› bereits auf Hochtouren. Unzählige Gabelstapler entladen die Güterwagen und stellen die Paletten für die Weiterverarbeitung bereit. Etwas später verladen die Chauffeure die Waren, die sie im Verlauf des Tages an die Endkunden ausliefern, in der Reihenfolge der Abladeorte auf ihre Lastwagen. Ab circa 05.00 Uhr starten die Chauffeure ihre Tour.
Enorme Beanspruchung der Lifte
Alle Güter, deren Zustellung nicht auf diesen Tag eingeplant ist, gehen mit einem AS-Warenlift zu einem der total 50’000 Palettenplätze in den sechs Lagergeschossen. Drei Palettenlifte können Einzelpaletten ohne Personenbegleitung verschieben und automatisiert in der jeweiligen Etage ausladen. Grosslasten zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Obergeschoss übernimmt ein auf sieben Tonnen ausgelegter Hydrauliklift. Die meisten Waren verschieben die Planzer- Mitarbeitenden aber mit einer der drei seilbasierten Doppelliftanlagen. Diese haben total schon über 25 Millionen Fahrten absolviert. Sie sind in der hausinternen Logistik eine Art sechsspurige vertikale Autobahn mit acht ‹Ausfahrten› vom zweiten Unter- bis ins fünfte Obergeschoss. Nach der vollständigen Erneuerung wird sich jeweils eine Kabine jedes Liftpaars so priorisieren lassen, dass sie sich für die Verarbeitung von eiligen Transportaufträgen nur zwischen der Startund Zieletage bewegt. Um die Rufe von anderen Etagen kümmert sich dann die andere Kabine der Doppelanlage. Denn in der neuen Konzeption benötigt jeder Haltevorgang circa drei Sekunden länger – und das aus gutem Grund!
Horizontalbolzen zur Stabilisierung
«Die neuen Warenlifte enthalten Bolzen, die sich nach dem Stopp auf einer Etage hydraulisch in die Löcher von in der Schachtwand verankerten Schienen ausfahren. Diese leiten die Kräfte während des Be- und Entladens über den Liftschacht ab, und die Kabinenposition kann millimetergenau gehalten werden», skizziert AS-Verkaufsingenieur Daniel Kipfer. Im Vergleich zur alten Anlage, wo lastbedingte Vertikaldifferenzen über eine minimale Bewegung der Seilwinde ausgeglichen wurden, sorgt das für sehr viel mehr Stabilität. Und vor allem hilft die Bolzenlösung, die Abnützung der mechanischen Teile der Liftanlage zu reduzieren. «Wenn ein beladener Gabelstapler ein- oder ausfährt, wirken grosse Kräfte. Beim alten Lift gab es bei jedem Beladungsvorgang einen horizontalen Impuls auf die Führungsschienen an der Schachtwand. Und durch die minimale Ladesenkung der Kabine wurde die bodenseitige Türschiene enorm beansprucht, wenn der Gabelstapler mit seiner Last über sie rollte. Darum verklemmte die Lifttür immer wieder mal», erklärt Thomas Köpf, der technische Leiter bei Planzer in Pratteln. Beim Start der Fahrt zur Zieletage übernimmt der Seilzug die Last und die Haltebolzen fahren in ihre Ruheposition zurück. Auch in diese Richtung dauert dieser Vorgang circa drei Sekunden. «Diese ‹Bolzenpause› bringt eine gewisse Entschleunigung mit sich und trägt das Ihre dazu bei, dass die Planzer-Mitarbeitenden ruhiger und bewusster zum nächsten Fahrmanöver ansetzen. Auch das hilft, Schäden zu vermeiden», stellt Thomas Köpf nach der Erneuerung des ersten Lifts im Sommer 2022 zufrieden fest.
Massiv verstärkte Oberflächen
Die neue, im alten Schacht montierte Anlage ist für Lasten von bis zu fünf Tonnen ausgelegt, das ist eine Tonne mehr als bisher. Nach der Erneuerung verfügt der Warenaufzug über eine elektrische Bremse. An der Grösse der vier Paletten Platz bietenden Kabine hat sich nichts geändert, neu ist vor allem ihre um einiges robustere Ausgestaltung: Beim Kabinenboden hat Riffelblech das frühere Holz abgelöst. Die Lampen und das Kabinentableau sind nun leicht versenkt
in der Kabinenwand eingelassen, so dass Streifschäden in Zukunft schlicht unmöglich sind. Der Sockelbereich der Kabinenwände, der durch die Gabeln des Staplers besonders gefährdet ist, enthält dicke Kantenschutzbleche. Und alle Kabinenwände sind mit rundumlaufenden Schutzleisten aus dickem Hartplastik versehen. Ein optisch-akustisches Signal für den Türschliessvorgang und ein zusätzlicher Nähesensor im Türbereich sowie eine Videokamera sind die weiteren
Verbesserungen. Auf den Etagen helfen abweisende Blechschürzen, Aufprallschäden an der Aussenwand des Liftschachts zu vermeiden.
1:1-Modell im Boltshauser-Werk aufgebaut
Bis die neue Konzeption stand, haben die Planzer-Logistiker, die AS-Ingenieure und -Techniker intensiv an den entscheidenden Details herumgefeilt. Höhepunkt der Planungsphase waren die logistisch-betrieblichen Praxistests mit einem 1:1-Kabinenmodell in der Werkhalle der AS-Tochterfirma Boltshauser in Steinach (Kanton St.Gallen) am Bodensee. Danach blieben keine Fragen mehr offen, und die Umsetzung konnte beginnen. Der Ersatz eines Lifts dauert circa drei bis vier Monate, so dass bis Mitte 2024 alle sechs Lifte erneuert sein sollten.
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